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Die Uhtred-Saga: Wie England entstand
Mit der Uhtred-Saga hat sich Bernard Cornwell keinem geringeren Thema als dem Ursprung Englands gewidmet. Wir gehen zurück in das 9. Jahrhundert nach Christus. Die Wikinger fallen über das Land her. Der junge Uhtred aus Northumbrien behauptet sich auf Seiten der Engländer so mutig in der Schlacht, dass der Anführer der Dänen ihn verschont und als Ziehkind aufnimmt.
Nur eins der fünf angelsächsischen Königreiche kann dem mächtigen Angreifer widerstehen. Es ist das Königreich Wessex unter der Herrschaft Alfreds des Großen, der es sich zur Lebensaufgabe macht, den Wikingern erbittert Widerstand zu leisten und für ein geeintes England zu kämpfen. Wohl und Wehe des Landes liegen in seiner Hand.
Uhtred verbringt einige Zeit bei den Dänen, den Invasoren. Er lernt sie kennen wie kein Zweiter. Das macht ihn so wertvoll für König Alfred. Das Herz des jungen kämpferischen Mannes schlägt noch für seine Heimat. Er wechselt die Seiten, er kennt den Feind, er kennt die eigene Kultur. Alle Stärken und Schwächen, die entscheidend sind im Kampf um die Existenz der Insel.
Es ist faszinierend, wie Cornwell die «große» historische Geschichte mit der «kleinen» Geschichte, dem dramatischen Lebensweg des Uhtred von Bebbanburg, verbindet. Was diese Serie jedoch so einzigartig macht, das ist die Perspektive, aus der sie berichtet wird. Geschichte wird allzu oft aus der Perspektive der Sieger erzählt. In diesem Fall kennen wir die Invasion der Wikinger aus der Sicht der christlichen Chroniken. Cornwell hingegen lässt uns durch die Augen eines fast dänisch gewordenen jungen Kämpfers blicken und ermöglicht uns so einen faszinierenden Blick auf eine andere Seite des Kampfes um England, auf die Gebräuche, Lebensumstände, Götter und Werte der Angreifer.
Uhtred ist Akteur und Zeuge einer für England existentiellen Periode. Mit seinem Protagonisten ist der Autor jedoch auch ganz persönlich verbunden. Diese Verbindung war der Beginn dieser großartigen Romanserie, die mit den bisher erschienenen Bänden hoffentlich noch nicht ihr Ende gefunden hat: «Ich wollte schon lange eine Serie über die Entstehung von England machen, ein Thema, das die Engländer merkwürdigerweise wenig kümmert (mich selbst eingeschlossen). Aber bis auf die Tatsache, dass König Alfred und seine Nachfahren darin vorkommen mussten, hatte ich keine genaue Idee. Dann traf ich meinen leiblichen Vater (ich wurde als Kind adoptiert) und stellte fest, dass mein Familienstammbaum zurückging bis auf die Wikinger-Invasion in Britannien und, bemerkenswerterweise, auch die vielen Uhtreds einschloss, die Bebbanburg regierten. Sie heißen heute Oughtred, die Abstammung ist also sehr direkt. Was mich beschäftigt hat, das war, wie sich die Familie über die gesamte dänische Vorherrschaft hindurch auf Bebbanburg halten konnte. Das war der eigentliche Ursprung der Serie und der Figur Uhtred. Aber trotzdem habe ich Uhtred sich einfach entwickeln lassen im Zuge der Geschichte, wie ich es sonst auch mache.»
Die Artus-Chroniken: Die Legende lebt weiter
Britannien im 6. Jahrhundert: Das römische Imperium ist Vergangenheit, Angelsachsen bedrohen das Land im Osten, Iren starten Raubzüge im Westen. Die Königreiche der Insel sind zerstritten, die alte Druidenreligion und das junge Christentum stehen sich gegenüber. In dieser schwierigen Zeit kann nur einer das Land retten: Arthur, der große, sagenumwobene Krieger. Beziehungsweise Arthur und seine Getreuen. Einer der Getreuen ist Derfel Cadarn, der als Brite von dem legendären Druiden Merlin aufgezogen wurde, aber von den Sachsen abstammt. Derfel erzählt die Geschichte. Er folgt Arthur in alle Schlachten. Sie träumen den gleichen Traum: Eine Friedensherrschaft in Britannien, Gerechtigkeit und Ordnung. Aber zunächst müssen die germanischen Eindringlinge bekämpft und die grausame Herrschaft der alten Götter gebrochen werden, die mit Feuer und Blut verteidigt werden.
Cornwell sagte, als die Artus-Trilogie beendet war: «Es ist traurig. Ich mag sie sehr. Das Beste, was ich je geschrieben habe.» Mit wie viel Begeisterung und Neugierde sich der Autor mit dem Stoff beschäftigt hat, spricht aus jeder Zeile. Man mag denken, dass man den Artus-Mythos in allen seinen Facetten kennt, aber Cornwell belehrt die Leser eines Besseren und gibt den Figuren nie gekannte Tiefe und Komplexität: Lancelot ist bei ihm nicht nur der tugendhafte Ritter, Merlin nicht nur der große Druide. Und die Magie, ohne die der Artus-Mythos nicht auskommt? Cornwell überlässt es den Lesern, sie als Zauber anzunehmen oder sich einen eigenen Reim auf sie zu machen. Es liegt an uns.
Die Bücher vom Heiligen Gral: Eine Suche, die niemals endet
Die Zeit des Hundertjährigen Kriegs: 1342 ist das Schicksalsjahr im Leben eines jungen Pfarrersohnes: Er muss mit ansehen, wie das englische Küstendorf, in dem er lebt, von französischen Schiffen überfallen wird, angeführt von einem schwarzen Ritter. Niemand aus seiner Familie überlebt. Thomas von Hookton will nicht wahrhaben, dass der Ritter, der sich Harlekin nennt, ein Verwandter gewesen sein soll, wie sein Vater ihm im Sterben noch mitteilt. Der Ritter ist sein Feind. Thomas will Rache. Er verlässt Dorset, um sich als Bogenschütze der Armee Edwards III. anzuschließen. Doch es gibt noch etwas Größeres, das auf den mutigen jungen Mann wartet, als die Schlachten und Kämpfe um die Freiheit seines Vaterlandes. Thomas wird hineingezogen in die fieberhafte Suche nach der mächtigsten Waffe der Christenheit. Der König erfährt von einer mysteriösen Verbindung zwischen dem jungen Hookton und dem Heiligen Gral. Und um den Gral zu finden, werden alle über Leichen gehen, selbst die Männer der Kirche.
Es geht um Macht und Verrat, Heldenmut und Intrigen, Liebe und Treue. Es ist die große Kunst des Bernard Cornwell, eine dramatische Episode aus der Geschichte des Hundertjährigen Krieges spannend zu erzählen, ohne das grausame Geschehen zu verharmlosen oder zu banalisieren. Der Krieg wird in all seinen mörderischen Facetten beschrieben: Plünderung, Mord, Vergewaltigung, Brandschatzung.
Mit Thomas Hookton betreten wir den von Schlachten aufgewühlten französischen Boden der Bretagne und Südfrankreich. Meisterhaft verbindet der britische Autor das Schicksal eines jungen Mannes, der in einen fieberhaften Strudel aus Obsession und Machtstreben gerät, mit den Kämpfen um die Freiheit Englands und der jahrhundertelangen Sehnsuchtssuche nach dem wundertätigen Kelch.
Die drei Bücher vom Heiligen Gral bilden eine Trilogie, mit 1356 kehrt Cornwell zurück zu der Figur des Thomas Hookton.
Starbuck
Kriege sind nicht gerecht, aber sie machen dich zum Helden. Diese Lektion lernt der Sohn eines Pfarrers auf denkbar grausame Art und Weise. Dabei fängt alles mit einem Skandal an, der vergleichsweise harmlos ist im Vergleich zu dem, was auf den jungen Mann aus dem Norden des Landes auf den Schlachtfeldern des amerikanischen Bürgerkrieges wartet. Nate kann wegen einer unziemlichen Affäre nicht nach Boston zurückkehren. Als er im Süden von dem Vater seines Freundes Adam vor einem Lynchmob gerettet wird, tritt „der Yankee“ aus Dankbarkeit als Soldat in die Dienste seines Retters und Gönners Washington Faulconer. Nate Starbuck will nun für den Süden kämpfen, gegen seine alte Heimat – und somit auch gegen seinen verhassten Vater. Brüder kämpfen gegen Brüder, Amerikaner gegen Amerikaner. Nates neue Loyalität wird jedoch auf eine Zerreißprobe gestellt. Sein Leben und das der vielen mutigen Soldaten wird nie wieder dasselbe sein wie vor ihrem Schwur für ihr Land, der sie Seite an Seite gegen ihre eigenen Landsleute in die blutigen Schlachten von Manassas, Ball’s Bluff und Seven Pines führt, die erst der Anfang der Bruderkrieges sind, der Amerika für immer verändern wird.
Wie in der Uhtred-Serie versteht es Bernard Cornwell auch hier meisterhaft, seinem Helden Nate Starbuck mit einem existentiellen Gewissenskonflikt eine Komplexität zu verleihen, die ihn für die Leser so faszinierend macht: Wende ich mich gegen meine Wurzeln, gegen meine Heimat? Was bedeutet diese Entscheidung für mich? Muss ich den Menschen treu zur Seite stehen, die mir in der Not helfen?
Bernard Cornwell sagte in einem Interview mit George R. R. Martin über seine Figurenzeichnung: „Vielleicht sind Charaktere mit Fehlern und Schwächen deshalb interessanter, weil sie eine Wahl treffen müssen… eine einfach nur gute Figur macht immer das moralisch Richtige. Das ist langweilig.“
Es ist nicht nur langweilig, es entspricht auch nicht der menschlichen Natur. Denn diese steht im Zentrum des Cornwellschen Schreibens: Der nahbare Mensch und sein Handeln.
Die Segel-Thriller
Alle Träume, die ein Segler haben kann, hat er sich erfüllt – das sagt Bernard Cornwell über sich selbst. Jahrzehntelang war er mit der «Royalist», seinem Cornish Crabber, vor der Küste von Massachusetts unterwegs. Kein Wunder, dass er seine Leidenschaft auch als Autor verarbeitet hat: Seine actionreichen, windgegerbten Seglerromane sind 2017 als E-Books bei Rowohlt erschienen.